Da es im Herbst nicht an die Eröffnung des Ateliers Sagenhaft reichte, schlug ich nun sie und die andere Fliege namens Designgut mit einer Klappe und reiste nach Winterthur. Ist ja so eine Sache mit diesen Ausstellungen, die das Aushängeschild „nachhaltig“ und/oder „ökologisch“ (manchmal mit diesem doofen Wortspiel öko-logisch) tragen. Es schwingt zu oft noch dieser Hauch von Wulesöcklern mit. Die Althippies, damals total fortschrittlich und eher linksgerichtet Denkenden. Die, die gerne ganz weit geschnittene, ein Tick zu kurze, natürlich gefärbte Leinenhosen unter schwingenden Wollmänteln tragen. Die, die sich auch gerne am Hinterkopf noch diesen einen Dreadlock wachsen lassen. Aber ich schweife ab. Ja, es hatte einige von ihnen dort. Die Messe fand immerhin in Winterthur statt. Und unter den Ausstellern befanden sich natürlich die üblichen Langweiler mit ihren zweifarbigen Schals und Hüten (chasch im Fall umtreie, dänn gsehts kom.plett. andersch us im Fall), den schon 1000 Mal gesehenen klobigen Silberringen mit spitzen Stacheln und die in ellenlanger süüferli Arbeit individuel hergestellten Lederbändeli mit Vögeli, Blüemli und Herzli als Anhänger. Uäch. Aber es galt ja, Perlen zu entdecken.
Da es nach dem letzten sonnigen Tag des Jahres roch, flanierte ich vorab in der hübschen Altstadt und stolperte als erstes in den CHANGEMAKER, wo sie u.a. Minzestifte für die Lippen verkaufen. Sehr schöne aber sauteure Sächelchen und Dinge werden dort nett präsentiert (Seife mit Edelweissextrakt, Reise- und Kochbücher, Kinderkleider). Und ich glaube, Karten der fantastischen Elen Rolih gesehen zu haben. Ein Besuch lohnt sich also alleweil. Das Hiltl sei renoviert worden, mir schien es allerdings nicht sehr anders als beim letzten Mal, ausser den schönen Tapeten. Womit wir gleich bei meiner momentanen Obsession wären: die Designs von EINZELHEITEN gefallen mir irrsinnig gut. Ich will so eine im Schlafzimmer. Und frage mich, ob unsere Kinder und Enkel die dann auch mal so hässlich finden, wie wir damals die ihrigen? Am schönen Stand von RO STOFFE waren ganz tolle Sitzkissen aus vormaligen Kaffeebohnensäcken genäht, wunderbar. Die beiden jungen Frauen bieten mit feinem Gespür für Inneneinrichtung und tollen Stoffen auch Wohnungsberatungen an. Mir Kitschmami sind ihre Stoffmönsterli ins Auge gestochen, welche sie schlauerweise aus Reste nähen. Bei der Schreinerei sorgfältig & beschwingt würde ich, verfügte ich über die nötigen finanziellen Mittel, sofort das Sideboard mit den weissen Schiebetüren kaufen. Sofort. Immer ein Garant, meine Aufmerksamkeit zu erregen sind 1000 Sachen, die ich anfassen und umdrehen und in der Hand hin und her wiegen darf. In diesem Fall am bei ELLYBIS. Vormals Grafikerin, die sich nun mit ihrem Partner ganz dem „bunten Papierdesign“ verschrieben hat. Seit Jahren können solche Produkte in den USA, den UK und Deutschland bestellt werden, endlich gibt es einen nationalen Lieferant. Übrigens, der Firmenname ist, rückwärts gelesen, derjenige der Gründerin. Eigentlich zufrieden mit der Ausbeute blieb ich doch vor der Treppe noch bei den Büchern hängen. Ich kann nicht anders, es ist ein Zwang. Der nette Herr vom Berner HauptVERLAG hatte ganz ganz tolle Liebhaberstücke ausgelegt. Eines davon ist jetzt meins. Ich schau nur Fotos an und versteh kein Wort, aber es geht um Küchen. In San Francisco. Und ist von Japanern. Unten vor dem Ausgang wurde ich nochmal aufgehalten, von den obertollen Aufnähern von fjö. Als ihr Fan auf FB sehe ich, was sie macht, aber die Dinger anzufassen und anzulächeln war dann doch was anderes. Also gleich noch ein paar von denen gekauft und mir gewünscht, ich hätte Kinder, auf deren kaputten Kleidern ich was nähen könnte. Leider habe ich seit der Designgut auch Alpträume. Des finanziellen Ruins. Weil ich meinen Traummantel bei Ida Gut sah. Nur sah. Mich fast nicht getraute, ihn anzufassen, mich nicht getraute ihn zu probieren, und ganz bestimmt nicht fragte, was er kostet. Ida Gut ist weder neu noch unbekannt, aber sie produzierte als eine der Ersten in der Schweiz nachhaltig und Kleider von höchster Qualität. Es gab also in der Bahnhof Apotheke noch eine Packung Bachblüten.
Ein kleiner Wermutstropfen für die Aussteller sind die hohen Standmieten. Wer also wirklich ganz klein und ganz neu ist, vermag die drei Tage nur knapp bis gar nicht.