Wer viel arbeitet, soll sich viel Gutes tun. Also, muss, weil bleibt ja nichts anderes bei all der Rumrennerei. Denn nichts ist so gut, wie viel Zeit haben. Um zu lesen, Filme zu schauen, auf dem Balkon zu sitzen und zu grillen, ein Konzert zu besuchen oder schlicht und einfach Füsse hochlagern und süss Nichts zu tun. Was nach Küssen und Tanzen und Kuchen backen eh meine liebste Beschäftigung ist. In dieser Reihenfolge. Ich hab mich also selber beschenkt und zwar nicht zu knapp. Angefangen mit Klunkern. Man sagt, an den Händen einer Frau erkennt man ihr wahres Alter. Nun, da ich letztes Jahr 74 geworden bin, darf ich mir das leisten.
Ich könnte sagen, ich habe ewigs nach passendem Schmuck zur Lederclutch gesucht. Tatsächlich aber wurde VERAMEAT auf industryofone.com porträtiert und ich hab mich Hals über Kopf verliebt. Die schöne Frau designt die schönen Teile selbst und steht auch gleich schön Model dafür. Das Vampirgebiss und der pouletfressende Dino passen wie angegossen und ich trag sie 24/7. Es gibt aber auch ganz viele kleine feine Schmückchen. Für jene, die lieber kleckern als klotzen. Letzten Sommer habe ich Freunde gebeten, mir in der Türkei eine Kopie des Schlangenrings von Aurélie Bidermann machen zu lassen. Passt. Teşekkür ederim, B’s.
Das zweite Paket legte einen bedeutend kürzeren Weg zurück, straight outta Seefeld, von rrrevolve, einem e-Shop, der „equipment for a smarter living“ anbietet. Das zieht bei mir. Nun, zwei Tage nach der Bestellung war die Ware im Briefkasten. Endlich hab ich meinen Minze HURRAW Pomadenstift wieder, der findet sich in der Stadt sonst nämlich nirgends. Da der Winter dieses Jahr wirklich extrem mühsam ist (und ich langsam aber sicher bleich wie der Tod bin), war ich hoch erfreut, einen Selbstbräuner „mit 100% pflanzlichen Wirkstoffen auf Zuckerbasis“ zu finden. Ok, es hat Soja drin, aber wo nicht? Schon zweimal aufgetragen, sogar im Gesicht, keine Ausschläge. Passt. Und die Handflächen sollten nach der Anwendung gewaschen werden, denn die Haut verfärbt sich tatsächlich orange. Die Espadrilles sind hübsch aber leider ungleich genäht. D.h. der Rechte sitzt, der Linke rutscht nach zwei Schritten runter. Schade, aber für den Preis lohnt sich retournieren nicht. Das Ketchup steht noch jungfräulich im Kühlschrank, seit Erhalt fand eben noch kein Grill statt. Der Winter. Dass die Ware in einer Schachtel gepackt war, die bereits gebraucht aber in tiptopptem Zustand ist, hat mich besonders gefreut. Da sind die drei R im Fimrennamen authentisch: reduce, reuse und recycle.
Am 1. Mai gönnten wir uns einen Brunch im Café Des Amis. Dort ist es drinnen wie draussen so hübsch und sie haben meine momentane Lieblingslimonade. Scheint der Farbe zuliebe leider irgendein E100 drin zu haben. Das Essen vom Café mag ich sehr, das Warten darauf überhaupt nicht. Aber das Eine gibt es nicht ohne das Andere und die gleichbleibende Qualität der Küche seit Anfang überzeugt. Da es in der Nähe nichts ähnlich Nettes gibt (das KafiSchnaps ist mir zu laut, drinnen wie draussen), werden wir weiterhin auf dem schönen Plätzli sitzen. Die Unvoreingenommenheit rechne ich dem Service im des Amis hoch an, wenn ich mit meinen Spezialbrötli komme und frage, ob sie mir die wohl toasten täten. Vielleicht haben ja alle Gäste Sonderwünsche und deshalb dauert es so lange?
Der junge Mann auf dem Foto ist Ata Bozaci’s Bruder. Er war letzten Donnerstag mit mir und zwei ganzen anderen Personen um 17.55h an der Finissage in der Trace Gallery. Mein Lieblingsstück ist leider ein klitzekleinwenig über meinem Budget. Ich mag die Trace Gallery, sie ist klein und unkompliziert. Als totale Kunstbanane bin ich oft eingeschüchtert, wenn Leute mit auf dem Rücken verschränkten Händen andächtig vor einem Bild stehen, auf dem für mich nur Striche und Punkte zu sehen sind. Und dann fangen sie manchmal sogar an, zu fachsimpeln und mit Namen um sich zu werfen. Sie könnten mir auch was von Sport und Politik erzählen, ich wär gleich weit. Mir gefallen Sachen wie die von Ata oder auch vom Sam Oibel oder von Celine Quadri. Ganz toll! Offensichtlich gehört den alten Sprayern meine Sympathie. Mag an den 90ern liegen, wo ich Teenager und HipHop noch HipHop war.
Donnerstage sind sowieso toll, vor zwei Wochen erst war ich in Japan und nächsten dann sind wir in Kalifornien. Am Letzten aber radelte ich nach der Stippvisite in der Gallerie quer durch die aufkommenden Gewitterböen zu einem der hübschesten Lädeli in Zürich: Michelle’s Cupcakes. Wo schon wieder ein Paketchen auf mich wartete, hach, das Leben ist schön. Michelle’s Küchlein sind hausgemacht, superschön und supersüss. Zieh dir das Topping rein, voll Profi, für Herz & Seele halt. Zusammen trampten wir alsdann zum Palestine Grill. Mir fehlt ja die Porchetta vom Longstreet Grill sehr, denn schon als der Laden von Maya im Zürcher Oberland schloss, musste ich ein bisschen weinen.
Es war der erste Tag, also warteten wir fünf Stunden auf unsere Friedensplatte. Zum Zeitvertrieb tranken wir hausgemachte Limonade und Eistee (wunderbar!), und kriegten eine Tüte handgeschnitzte Pommes, die sind der Hit, obwohl etwas versalzen. Grosse Ehre gebührt diesen Männern, die alle grösser als 1,20m sind und sich auf gefühlten 50 Kubikzentimetern bewegen. Um kein freundliches Lächeln verlegen und im plauschigen Umgangston metzgen sie dort hinten fleissig. Der Teller wurde uns dann an den Tisch gebracht, danke, sehr aufmerksam. Falafel war noch nie mein Ding und wird es wohl auch nie werden. Aber das Poulet, der Humus und die eingelegte Aubergine mundeten. Schade, dass die scharfe Sauce aus Thailand kommt. In Palästina gibt es bestimmt auch welche? Etwas stutzig ob der Meute von schräg am Oberkopf sitzenden Dutts, übergross geschnittenen Blazern, Ethnoleggins, neonfarbigen Airmaxes und vielen kleinen Hunden erfuhren wir später, dass die jetzigen Betreiber des Grills die ehemaligen vom Restaurant Lift sind. Ahsooo.
Jedenfalls philosophierten Miss Burke und ich darüber, wie es sich in einer neuen Wohnung lebt, wie es sich anfühlt, schwanger mit neuen Projekten zu sein und wie es machbar ist, seiner Leidenschaft mit allen Sinnen und ganzer Energie zu folgen und trotzdem genug Zeit für sich und seine Liebsten frei zu schaufeln. Als dann die ersten schweren Tropfen fielen, bestiegen wir abermals die Drahtesel und erreichten die trauten Heime pflotschnass. Aso, pflotschnass. So richtig durchtränkt, bis auf die Unterhose und in die Schuhe hinein.
Gerne hätte ich dann noch den wunderschönen und passenden Film geschaut (passend zum Znacht, nicht zum Regen), aber ich bin ja ein Streaming-Mongo und deshalb kam es nicht dazu und ich ging schlafen. Hätte ich gewusst, was mich am folgenden Morgen erwartet, wär ich aber viel zu aufgeregt zum Schlafen gewesen.
Da lag ein kleines Couvert im Briefkasten. In dem war so wenig Stoff drin, da war kein Paket nötig. Mit dabei ein schön trashiger Comic (i like!) und dicke Küsse. Danke, Maria, kriegst hiermit zurück. Danke auch für den charmanten, kompetenten und superschnellen Service. Passt. Ich sag ja, Carlifornication.
Und zu guter Letzt noch was auf die Ohren: zurzeit höre ich NEW LOVE. Auf repeat. repeat. repeat. Ich steh auf Charlie Winston seit er damals einsam, singend, tanzend, mit der Gitarre diese staubige Strasse runterlief, wie ein Hobo. Und dann vor zwei Jahren ging es ihm und mir gleich und er schrieb so ein schönes Lied über das Allein-Sein. Es tut gut, wenn jemand Gefühle, Situationen oder Momente so treffend beschreiben kann, dass unsereins denkt, man hätte sie zusammen erlebt. Und wer? LL Coll J? Ach, er hat sich seinen Namen selbst gegeben. Und Charlie geht es jetzt auch wieder gut. Hat er mir letzthin gesagt.
Süffig süffig weiter so ……
Kiss T