Lesestoff viii

2020 war – auch pandemiebedingt – ein gutes Lesejahr. Ausserdem steht mein Sofa in einem solchen Lesewinkel am Balkonfenster, dass nicht nur optimale Lichtverhältnisse herrschen sondern zwischendurch auch gut ein kleines Nickerchen gehalten werden kann. Das letzte Jahr hat die Probleme unserer Zeit – Klima, Rassismus, Gleichberechtigung, Gesundheit – so gnadenlos an die Oberfläche gespühlt, dass sogar Mainstram Medien und die Werbung darauf angesprungen sind. Autohersteller verkaufen jetzt nur noch Wagen mit Batterie; Banken, Billigmodeversanhäuser, Versicherungen und Telefongesellschaften schalten Spots total divers mit Menschen, die bisher nicht sichtbar waren (und sich so auch weiterhin nicht bei Angestellten oder, noch weniger, in Management- und Verwaltungsetagen wiederfinden). Das spornt mich an, mich eingehender mit gewissen Themen zu befassen. Was dann öfter zu Diskussionen im Umfeld führt. Welche mich dann offenbar aber konsequenterweise zu einer (feministischen) Spassverderberin machen. Tja, gschäch nüt schlimmers.

Sheila Heti – Mutterschaft (2018)
Endlich ein Buch, welches nicht damit endet, dass die Frau durch Schwangersein und Mutterschaft ihre lang ersehnte Erfüllung und damit das vollkommene Glück findet. Die Autorin zeichnet – andhand des monatlichen Zyklus – ausführlich nach, welche Gedanken und Quälereien unsereiner durchmachen, die wir nicht wissen/wussten, ob sie Kinder woll(t)en oder nicht. Schön auch, dass dieses Buch weder eine generelle Absage an das Muttersein ist, noch nimmt die Autorin je einen angriffigen Ton gegenüber Müttern ein. Dieses Buch versichert mir lediglich, dass „man als Mutter Teil einer Tradition ist, oder als Nichtmutter ausgeschlossen vom Zyklus des Lebens bleibt„, dass „eine Traurigkeit darüber schwebt, nicht die Dinge zu wollen, die Anderen den Sinn des Lebens bedeuten„.

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Meine Lieben ii

Ist euch aufgefallen, dass auf den schönen Glitzerbildern im Newsletter vom Frühling vor allem Körperteile von weissen Menschen abgebildet waren? Mir auch nicht. So eine Unaufmerksamkeit nennt sich blinder Fleck. Und solch blinde Flecken sind mitunter der Grund für viel Leid auf Erden. Jetzt mal ganz salopp gesagt. Wir sind nämlich von Natur aus bitzli blind in den Augenwinkeln (Evolution, Steinzeit, Jagen, Sammeln, Feuer machen, usw usf) und nehmen daher nicht alles wahr, was um uns herum geschieht. Manchmal wollen wir aber auch bewusst etwas ausblenden, sprich absichtlich ignorieren. Weil es uns so grad besser passt und wir uns ja schliesslich nicht um die ganze Welt kümmern können, gä. Was dann eben dazu führt, dass wird nicht erkennen, was um uns herum geschieht. Und solange wir nicht erkennen, solange können wir auch nicht benennen, verarbeiten und verändern. Dies bezieht sich auch auf Privilegien, die wir geniessen ohne uns deren bewusst zu sein. Bevor wir diese Aufgabe nun angehen, sollten wir bei klarem Kopf und mit vollem Magen sein. Deshalb, nach dieser leichten Vorspeise, hier weiter zu den Hauptspeisen:

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Viele von uns sind immer noch / immer wieder im Meine Lieben ii weiterlesen

Lesestoff vii

Heute vor einer Woche wurde George Floyd ermordet. Er ist einer von vielen Hunderten, die in den USA ihr Leben lassen müssen, damit sich ein Teil der Bevölkerung sicher fühlt. Diese Sicherheit ist nur vermeintlich und beruht einzig und allein auf der Unterdrückung des anderen Teiles. Dass bisher in seltensten Fällen weder die Totschläger verurteilt wurden, noch dieses Problem systematisch angegangen wird, ist nicht lösungsorientiert. Der Vorfall hat zu empörten Protesten weltweit und zu wüsten Ausschreitungen in manchen Städten Amerikas geführt. Auch in den sozialen Medien brannte es. George war schwarz, seine Mörder sind weiss. Die meisten Reaktionen, die ich in meinem Umfeld auslöse, sind Kommentare wie „zum Glück ist es bei uns nicht so“. So viel dazu. Ich mag in diesem Beitrag nicht auf das Thema Gleichberechtigung eingehen, darüber schreibe ich schliesslich auf dieser Plattform seit Anfang an und immer wieder. Meine Anliegen spiegeln sich in allen meinen Beiträgen und Empfehlungen. In meinen Instagram Stories habe ich gefragt, ob ihr auch dieses Jahr wieder Bücherempfehlungen möchtet. Ihr meintet ja. Voilà:

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Lucia Berlin – Was wirst du tun
Letztes Jahre habe ich die Autorin bereits empfohlen. Lesestoff vii weiterlesen

MakesYourMondayMusic

Letzte Woche hat die Lancierung der Kampagne Helvetia ruft via Zoom statt gefunden. Die Kampagne soll Frauen und Männer im ganzen Land darauf sensibilisieren, dass mehr Frauen in unserer Demokratie vertreten sein müssen, damit wirkliche Wechsel in unserem Leben stattfinden. Der Anlass wurde kompetent, charmant und witzig moderiert und alle technischen Herausforderungen konnten mit Verve gemeistert werden. Rund zweihundert Teilnehmende haben sich zugeschaltet. Die Aufzeichnung des Abends kann hier auf der Webseite nachgeschaut werden. Obwohl nicht im selben Raum wie alle anderen, fühlte ich mich sehr willkommen und gut aufgehoben in der Runde. Mein persönliches Highlight war die Rede von Lotti Baumann. Präsidentin Aargauer Landfrauenverband, Mitglied der CVP und Kandidatin für den Nationalrat. Sie hat in so einfachen aber konkret verständlichen Worten klar gemacht, um was es geht und weshalb sie politisch aktiv wurde und ist. Dass auch andere Prominente wie Doris Leuthard oder Sophie Hunger zugeschaltet wurden, gaben dem Anlass noch mehr Glam. Und als Sophie Hunger so schön sagte, was sie sich für die Zukunft, das Leben, die Menschen wünscht, hatte ich Hühnerhaut. Sie hat für Helvetia sogar ein Lied geschrieben:

 

Da Helvetia auf Tour geht, werden noch einige weitere Treffen (vorläufig auf Zoom) stattfinden. Schaut mal rein und informiert euch, wie das System Politik effektiv funktioniert. Wie dick euer Fell sein muss, um dort mitzumischen, wo andere laut und penetrant ihre Wünsche durchsetzen wollen. Oder wie es ist, als Berufspolitikerin ausgebildet zu werden. Auf jeden Fall ein tolles Projekt, welches uns auf einfühlsame Weise näher bringt, was und wie lange es braucht, damit ein Wechsel tatsächlich stattfindet.