Ich mag Listen. Aber das war euch schon klar, sehr verehrte Leserinnen und Leser, gäll. Von einer neurotischen Person ist nichts Anderes zu erwarten. Und weil es hier um Bücher und Worte Anderer geht, verliere ich keine weiteren mehr:
Thomas Haemmerli – Der Zug ist voll
Viele gute (und ein paar halbgute) Texte zu einem wichtigen Thema. Der neue Chef hat das Büchlein vor über einem Jahr allen Mitarbeitern des Instituts, wo ich angestellt bin, geschenkt und irgendwie ist der Titel seither nur passender geworden. Leute, ich weiss, es ist verwirrlich, weil diese Parole üblicherweise das Schlagwort dieser Partei ist, aber dieses Mal müssen wir NEIN stimmen. Das ist wichtig.
Frank Berzbach – Die Kunst ein kreatives Leben zu führen
Weil das einfach nicht so einfach ist. Ein kreatives Leben führen. Also, nur schon einfach ein Leben führen ist nicht einfach. Und wer sich traut, aus den vorgegebenen, vermeintlich sicheren Pfaden unserer Gesellschaft auszubrechen, hat mit noch ein paar Hürden mehr zu kämpfen. Das Buch tut gut, weil es aufzeigt, dass es wohl den Meisten auf dem steinigen Weg so geht.
Gioconda Belli – Bewohnte Frau
Wer mich liest, weiss, dass ich mindestens ein Buch einer lateinamerikanischen Autorin (oder eines Autors) jährlich lesen MUSS. Die Blumen blühen kräftiger auf diesem Kontinent. Das Blut fliesst dunkler, die Tränen heller. Oft verliert die Liebe, aber die Hoffnung stirbt nie. Ich habe nie erlebt, was Krieg bedeutet, Unterdrückung, Misshandlung, Demütigung. Ich weiss nicht, wie es ist, mit einer Lüge zu leben. Ich kann nur darüber lesen. In guten Büchern wie diesem.
Gloria Vanderbilt – Damals
Das einsame, arme reiche Mädchen. Es gibt viele viel schlechter geschriebene und langweiligere Biographien. Es mag an gewissen finanziellen Mitteln liegen, über die besagte Dame verfügte, welche ihr Tür und Tor zu menschlichen Abgründen öffneten. Das Buch ist in einem Schnurz gelesen, hat viel altes Hollywood, New York und schöne Bilder darin. Ahja, und Gloria war offenbar die Inspiration zur Holly Golightly in Breakfast at Tiffany’s. Passt.
Andreas Altmann – Scheissleben
Scheissbuch. Wahnsinnig gut geschrieben. Wer sich sein Herz brechen will, bitte sehr. Es wurde mir während des Lesens übel und das Elend der Welt drückte auf meine Schultern. Unbegreiflich, wie sich erwachsene Menschen an Kindern vergehen können. In ihnen jegliche Möglichkeit und Hoffnung ersticken, an das Gute im Menschen zu glauben. Überhaupt schon, dieses zu erahnen. Das Wort TROSTLOS hat eine ganz neue Dimension erhalten. Zum Glück schreibt der Autor mit so viel Humor.
Max Frisch – Montauk
Es heisst, das ist ein Klassiker, muss man gelesen haben. Ich hab es gelesen und will jetzt nach Montauk. Ansonsten ist hier ein alter Mann mit einer jungen Frau auf einer Reise. Dazwischen und nebenher Schnippsel aus seinem anderen Leben, dann, wenn er nicht mit der jungen Frau unterwegs ist. Scheint mir recht ein Arroganter gewesen zu sein, der Max. Oder vielleicht einfach ein menschenscheuer, das weiss man amigs nicht so genau.
Charles Bukowski – Das Schlimmste kommt noch
Und als wäre o.e. Scheissleben nicht schon genug gewesen, zieh ich mir gleich noch ein Buch einer versauten Jugend rein. Die Erwachsenen verhalten sich nicht annähernd so entwürdigend und abgrundtief böse wie oben, sind aber auch sehr fies und mies. Trotzdem, ich mag den Schreibstil von Bukowski und will gerne noch weitere seiner Bücher lesen. Wer mag tauschen?
Leena Lehtolainen – Zeit zu sterben
Ich sage immer, ich möge Krimis nicht, lese dann aber doch immer wieder welche. Diesen hab ich von meiner Mama gekriegt, nachdem sie drei Monate an der Nordsee unterwegs war. Die Geschichte spielt im hohen Norden, Kälte und Dunkelheit scheint Menschen bisschen seltsam zu machen. Vor allem wird mir amigs chli trümmlig, wenn ich mir vorstelle, wie man sowas schreibt. Also, die Leser wissen von Anfang an, wer was verbrochen hat, aber die Protagonisten nicht.
Hera Lind – Das Superweib
Jetzt so im Nachhinein (das Buch ist aus dem Jahre 1994) etwas gar lässig geschrieben, aber auch, wie es mittlerweile üblich ist. Auf jeden Fall finde ich toll, wie die Autorin Wörter erfindet und auch mal mit ungewaschenem Haar vor die Tür geht. Ausserdem hat es ganz viele gescheite Bemerkungen zum Frausein im Buch, die nichts an ihrer Gültigkeit oder Aktualität verloren haben. Leider.
Philippe Djian – Sirenen
Ist schon eine Weile her, als ich den letzten Djian gelesen habe, weil ich zwar sehr auf seine Schreibe stehe, aber er mir (und allgemein die französischen Schriftsteller) bisschen zu kläglich wurden. Immer hatten sie was zu jammern, waren die Opfer. Aber sie scheinen halt schampar guten Sex zu haben und auch sonst irgendwie locker drauf zu sein. Vielleicht hätte ich den Schluss des Buches nicht an dem Tag lesen sollen, als Streetparade war. Etwas gar kläglich, dieses Ende, aber könnte durchaus sein. Schönes Coverbild auch.
Hank Moody – God hates us all
Näh, nix. Der Autor hat wohl zu viel Jack Kerouac gelesen. Und Bücher am Flughafen kaufen war noch nie eine gute Idee. Ich habe Ersteres auch gleich beim Rückflug an Zweiterem liegen gelassen.
Paul Auster – Unsichtbar
Ich weiss nicht recht. Von Paul Auster wird ja gesagt, dass auch er einer der Grossen sei, man sollte also die Bücher gut finden. Nun, mir war dieses hier zwischendurch etwas zu langatmig und verwirrt, gegen Ende kommt noch etwas Schmiss hinein. Kann es nicht anders beschreiben. Ich gschpüren nödso. Aber vielleicht versteh‘ ich ihn einfach nicht, gäll.
Christian Pehlemann – Mexiko: Baja California Touren-Manual
Dieser Führer gehört meinem lieben Arbeitskollegen Matthias, er war im 2001 mit einem türenlosen Jeep auf dieser mexikanischen Halbinsel, die gleich nach Tijuana beginnt. Scheint, als hätte sich dort seither nicht viel verändert und das Touren-Manual war Gold wert. Tenderoni und ich reisten (leider ohne Jeep, mit Suzuki) in drei Wochen von Los Cabos nach San Diego. Eine wunderschöne Reise, sehr empfehlenswert. Bilder davon HIER und HIER.
Alexander McCall Smith – No. 1 Ladie’s Detective
Den Roman habe ich in einer Strandbar in der Bucht von Concepcion geklaut. Weil ich Angst hatte, nicht genug Bücher dabei zu haben. Wieder ein Krimi. Isch rächt gsi. Mir gefällt, dass die Protagonistin eine Frau ist und Precious heisst. Will man dem Autor Glauben schenken, soll es dem Land – Botswana – besser gehen als vielen anderen auf dem Kontinent. Wir wollen es hoffen (ich lese zurzeit ‚Wir lassen sie verhungern‘ von Jean Ziegler, siehe oben).
Juan Pablo Villalobos – Quesadillas
Herrlich, ein Büchlein ganz nach meinem Geschmack. Weil es so hübsch ist. Und auch so traurig, fantastisch und lustig aufs Mal. Selbstverständlich habe ich es in Mexico gelesen. Und jede Menge Quesadillas dazu verdrückt.
Zürich by Food – Martin Walker
Guter Titel, sehr guter Inhalt. Alle, die das Lädelisterben beklagen: KAUFT DIESES BUCH und RICHTIG EIN. Das Buch erhielt ich auf dem Z4iTram und habe es bereits weiter verschenkt.
Peter Wawerzinek – Schluckspecht
‚Am Ende des Buches sind Held und Autor nüchterner. Dafür sind die Leser besoffen – vor Glück.‘ Stimmt. Zwischendurch musste ich das Buch weglegen, weil viele unschöne Erinnerungen an eine vergangene unglückliche Beziehung mit einem Alkoholiker hochkamen. Nichtsdestotrotz, das Buch ist wunderschön. Einmal mehr eine traurige Kindheit, eine verzweifelte Jugend und fast ein verlorenes Erwachsenenleben. Aber die Sprache! Und die Protagonisten. Der Autor erfindet Wörter am Laufmeter, was für ein Toller.
Heimat im Kochtopf – Séverine Vitali und Ursula Markus
Ein schönes Buch! Die Autorinnen vermitteln ohne Mitleid oder Verklärung einen Zugang zum schwierigsten Thema unserer Zeit (überhaupt?): Emigration und Immigration. Sehr viele Menschen auf unserer Erdkugel leben in derart grossem Elend, dass sie keine andere Möglichkeit mehr haben, als von dort, ihrem zu Hause, wegzugehen. Weit weg dann, fern der Heimat, manchmal ohne jegliches Hab und Gut, oft zusammengepfercht auf engstem Raum und von den neuen Nachbarn misstrauisch und missgünstig beäugt, bleibt oft nur der Kochtopf, in dem ein bisschen Erinnerung schmoren und geteilt werden kann. Das Buch kam mit Unterstützung der Superplattform wemakeit.ch zustande und lag eines Tages, gepackt mit Lebensmitteln aus den Gegenden der Geflüchteten, in meinem Briefkasten. Endlich weiss ich jetzt auch, wie diesen Hipsterkohl zubereiten, vergiss grüne Smoothies. KAUFT DIESES BUCH und unterstützt damit ein sinnvolles Projekt. Ich behalte meines, um viele weitere Rezepte nachzukochen.
Adriana Altaras – Titos Brille
Das Buch hat mir meine Chefin empfohlen und ausgeliehen (ja, wir alle reden bei der Arbeit oft über Bücher) und ich habe es in zwei Tagen verschlungen. Die Autorin scheint in Deutschland als Schauspielerin bekannt zu sein. Ihr Buch auf jeden Fall ist süffig geschrieben, darin kommt viel Trauriges vor und manches Trauma hoch. Aber nichts nie ohne Humor. Ausserdem ist das schöne Wort ’sephardisch‘ seither eins meiner Liebsten.
Goodbye, Lemon – Adam Davies
Hm, ich weiss nicht. Der Schluss ist etwas gar flach für die während des Lesens aufgebaute Spannung. Und das Happy End ist etwas gar amerikanisch. Trotzdem, gut und flüssig geschrieben.
Keigo Higashino – Verdächtige Geliebte
Ich habe das Buch am 31.12. angefangen und am 1.1. fertig gelesen. Musste mich für diesen Jahreswechsel regelrecht vom Sofa losreissen. Ein Krimi ganz nach meinem Geschmack. Das Ende auch. Ich vermisse Japan.
LESESTOFF i (2013)
LESESTOFF ii (2014)
LESESTOFF iv (2016)
LESESTOFF v (2017)
LESESTOFF vi (2018)
Und wer es tatsächlich bis hier unten geschafft hat: ich gebe alle beschriebenen Bücher weg, sofern sie meine sind und/oder nicht schon irgendwo anders gelesen werden. Ich verschenke sie gerne, tausche aber noch lieber: gegen ein Buch, gegen eingelegte Gurken, selbstgemachte Pasta, einen Strickpulli. Sowas halt.