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Die erste Städtereise seit einem Jahr. Lissabon. Ich will wieder hin. Wunderwetter, tolles Essen, nette Leute, grossartige Szenerie, perfekte Grösse. New York, Paris und London machen mir Angst, nach maximal 15″ habe ich die Orientierung komplett verloren und ohne Hügel und Wasser fehlt mir was. Lissabon bietet uns Detailnarren eine schier endlose Auswahl an Keramikplättli. So schoss ich an jeder zweiten Fassade geschätzte 300 Fotos. Nun weiss ich auch, dass die Plättli nicht nur zur Deko dort sind sondern einen Zweck erfüllen. Hat uns nämlich unser toller Stadtführer Miguel erzählt. Keramik isoliert, ha! Soll heissen, im Sommer kühlen die Plättli die Häuser, im Winter halten sie selbige warm. Das Material wird sogar in der Raumfahrt zu eben diesen Zwecken verwendet. Danke Wikipedia.
Dass die portugiesische Diktatur erst 1974 mit der Nelkenrevolution beendet wurde, wusste ich auch nicht. Das ist aber mindestens genauso interessant. Und tragisch. Die haben in ihren diversen ausländischen Kolonien ewig sinnlose Kriege geführt und damit die inländische Staatskasse ruiniert. In Bildung investieren? Nein, lieber neue Panzer anschaffen. Da ich aber weder Geschichte noch Politik studiert habe, kann ich nur ein paar Fakten wiedergeben und leider nicht erläutern, was wann und wie aus welchem Grund passiert ist.Eine Freundin empfiehl uns, in die LX Factory zu gehen, was wir taten. Danke, Sue! Wir besuchten das hübsche Café na Fàbrica, wo sie u.a. Brigadeiros haben, weshalb sie gleich meine Helden wurden. Nicht nur der Name, auch das Areal der LX Factory ist ähnlich unserer roten Fabrik, in der Nähe halt einfach das Meer statt der See. Viele Lokale stehen noch leer. Es gibt die üblichen Bio-, Kinder- und Naturkosmetikläden sowie den Szenecoiffeur. Eine Bibliothek, die scheints abends im hinteren Teil ein Restaurant wird, sieht sehr geil aus, über 10m hohe Decken und ein fliegendes Velo. Doch. Ich hätte dort gerne in einer der kleinen Zweiertischli-Nischen ein Date. Über das Areal fahren Autos und Züge auf der Ponte de 25 Abril (das Datum des Endes eben dieser Nelkenrevolution) nach Almada. Wo es uns leider nicht mehr gereicht hat, hinzugehen. Dort wurde nämlich die Uferpromenade komplett saniert und es muss hübsch sein, um zu flanieren. Nächstes Mal.
Gegessen haben wir sensationell. Einfach, frisch, Fisch, Gemüse, Reis, Kräuter. Nein, den Bacalhao haben wir nicht probiert. Über Mittag in einem der zahlreichen kleinen Fischrestaurants, in denen auffallend viele und eher übergewichtige Geschäftsmänner assen. Am ersten Abend konnten wir uns in der Taberna Portuguesa an ein superenges Tischchen quetschen und kriegten eine wunderfeine Auswahl an einheimischen Spezialitäten charmant serviert. Die Lokalität scheint angesagt zu sein und wir stellten fest, dass hier frühestens ab 21h Znacht gegessen wird. Am zweiten Abend dinierten wir feudal in einem ehemaligen Kloster. Es war gut und teuer. Und aufgrund des Durchschnittsalters von ca. 75 leider etwas leblos. Um die Nächte stilecht zu beenden, besuchten wir das lisbonische Niederdörfli im Bairro Alto. Ein mit Kopfsteinen gepflastertes Strässchen, gesäumt von Dutzenden Bars und gefüllt mit allerlei Volk. Sprachschüler, Matrosen, Strassenmusikanten, die üblichen Souvenir- und Rosenverkäufer und uns Touristen. Dank der milden Temperaturen ein idealer Ort um zu sehen und gesehen zu werden.Am letzten Morgen hat meine Wunderfreundin Nici – seniler Bettflucht sei dank – ein wunderbares Kaffeehaus entdeckt, wo wir draussen sitzend mit der Sonne die Stunden vor dem Abflug genossen. Für mich waren zwei Tage definitiv zu wenig. Gerne hätte ich Zeit gehabt, um Rumzufläzen, um an der Strasse zu sitzen und Menschen zu beobachten, um alte Handwerksbetriebe zu finden. Oder um noch in ein paar Restaurants mehr zu essen. Oder diesen Nachtclub im 20er Jahre Stil besuchen. Oder einen Tag am Meer verbringen. Saudade! Ich komme wieder.